Hauptnavigation
Der Stand der Technik beim Motorbau wird stetig durch das Bestreben den Kraftstoffverbrauch und die Abgasemissionen zu reduzieren vorangetrieben. Selbstverständlich darf der wirtschaftliche Erfolg dabei nicht auf der Strecke bleiben. Unzählige Maßnahmen mit sehr viel Entwicklungsaufwand wurden von Herstellern mit Hilfe der Automobilzulieferer entwickelt und in Serie umgesetzt. Einige Beispiele sollen die Entwicklungsleistung in Erinnerung rufen:
Grundsätzlich lassen sich außermotorische Maßnahmen und innermotorische Maßnahmen unterscheiden. Die durchgehende Einführung einer Abgasnachbehandlung im Fahrzeug durch Katalysator bzw. Dieselpartikelfilter ist eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Abgasemissionen. Stark im Trend sind intelligente Bedarfsregelkreise wie die Start-Stopp-Automatik bis hin zur partiellen Zylinderabschaltung eines Zwölfzylinders in der Premiumklasse. Innermotorische Maßnahmen können eine Veränderung des Kurbelgehäuses generieren. Daher leiten sich veränderte Anforderungen für die Produktionstechnik der Gießerei als Zulieferer des Automobilisten ab.
Da das Kurbelgehäuse das größte Bauteil im Motor ist, steht es verstärkt im Fokus zur Verbrauchsreduktion mittels Gewichteinsparung. Als Faustformel gilt: Wird die PKW-Masse um 100 kg verringert, sinkt der Kraftstoffverbrauch um 0,3 Liter je 100 km. Von großer Tragweite ist daher die Werkstoffentwicklung eines Kurbelgehäuses. Denn wesentliche Einflussfaktoren für die Bauteilmasse sind die Werkstoffkenngrößen Dichte und Dauerfestigkeit. Weit zurück liegt die Wurzel für Gusseisen als Werkstoff für Kurbelgehäuse. Aber beim PKW stellt der zeitlich weit spätere Serieneinsatz von Kurbelgehäusen aus Aluminiumlegierungen einen Wendepunkt dar. Gegenüber Aluminium hat Gusseisen in Standardversion prinzipiell den entscheidenden Nachteil der höheren Dichte von 7,2 g/cm³. Beim LKW besteht das Kurbelgehäuse bis heute grundsätzlich aus Gusseisen. Derzeit stehen beide Werkstoffe im Wettbewerb zueinander bei der Werkstoffwahl für das Kurbelgehäuse beim PKW der Großserie.
Ein nachfolgender Wendepunkt ist unter dem Begriff „Downsizing“ bekannt geworden. Downsizing bedeutet, großvolumige Motoren werden durch solche mit kleinerem Hubraum bei mindestens gleicher Leistung ersetzt. Mit mehr Leistung bei gleichem Motorgewicht bzw. mehr Leistung bei gleichem Hubraum gelingt die Reduktion von Kraftstoff und Abgasen. Kenngrößen beim Downsizing sind daher das Leistungsgewicht und die Hubraumleistung. Die Verbesserung dieser Werte wird durch Motoraufladung erreicht.
Es ist eine schrittweise Evolution vom Saugmotor über die Aufladung bis hin zur Doppelaufladung zu verzeichnen. Die damit verbundenen Aggregate sind Kompressor und Turbolader. Ein leistungsstarker 4-Zylinder-Reihenmotor mit Doppelaufladung stellt bei einem entsprechenden Fahrzeug eine Alternative zu einem 6-Zylinder-Saugmotor dar. Dieses wird auch als Zylinderdownsizing bezeichnet. Ein Zylinder weniger bedeutet weniger Reibung, kleineres Kurbelgehäuse, kleinerer Zylinderkopf, weniger Lagerdeckel, etc. und damit weniger Gesamtgewicht. Grundsätzlich bedeutet die Erhöhung des Zünddrucks durch Aufladung eine steigende Beanspruchung des Kurbelgehäuses. Um dies auszugleichen, müssten die Wände dicker bemessen werden. Aber dickere Wände sind gleichbedeutend mit Gewichtserhöhung und mehr Kraftstoffverbrauch. Um den Vorteil der Aufladung nicht zu verlieren, sind Werkstoffe mit erhöhter Festigkeit gefragt. Downsizing hat damit die enge Sicht auf die Dichte in Richtung Werkstofffestigkeit erweitert. Dies ist ein großes Arbeitsfeld für die Entwicklung in der Gießerei und bei deren Zulieferern. Auch ASK leistet hierzu einen Beitrag: die Entwicklungsarbeit zur Festigkeitserhöhung mittels verbesserter Wärmeabführung durch den Formstoff. Die Bauteilfestigkeit wird neben der chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs auch durch die thermophysikalischen Eigenschaften des Formstoffs mitbestimmt.
Neue Ansätze der Leichtbauentwicklung:
Die Oberflächentopologie der Zylinderläufe, Gewinde, sehr dünne Ölkanäle und Flächen mit sehr kleinen Maßtoleranzen sind nicht durch einen einzigen Produktionsschritt des Gießens darstellbar. Hierfür wird die mechanische Bearbeitung eingesetzt, wobei aber ein endkonturnahes Gießen eine entscheidende Anforderung an die Gießart ist, um die Bearbeitungskosten so gering wie möglich zu halten. Basis bilden genormte Gusstoleranzen, die auch vom Gussverfahren abhängig sind.
Anforderung an die Form, den Kern, den Werkstoff und die Gießart:
Bei Gesamtbetrachtung der Herstellung beginnt die Geburt des Kurbelgehäuses mit dem Urformprozess des Gießens. Unterschieden wird zwischen Gießen in metallische Dauerform und verlorenen Formen. Das Gießen in verlorene Formen aus gebundenem Sand – das Sandgussverfahren – hat einen hohen Verbreitungsgrad bei der Herstellung von Kurbelgehäusen erreicht, weil es innerhalb der Gießverfahren höchste Flexibilität mit sehr guter Wirtschaftlichkeit vereint.
Beim Sandgussverfahren sind der Formgrundstoff und der Binder von essentieller Bedeutung. Aufgrund dieser großen Bedeutung hat sich auch die Namensgebung daran angepasst. Beim Kernpaketverfahren wird die gesamte Geometrie durch Sandkerne abgebildet. Je nach Viskositätsverhalten der Schmelze, den Schmelzedruck, den Füllgeschwindigkeiten und dem Gießtemperaturbereich wird die Kernoberfläche beschichtet. Bei Gusseisenschmelzen werden Schlichten, eine Dispersion von Feuerfestpartikeln und Wasser verarbeitet, während bei Aluminiumschmelzen eine puderförmige Kernbeschichtung angewendet wird.
Beim Formsandverfahren wird mindestens eine Hauptkontur durch bentonitgebundenen Sand abgebildet. Hierbei können aber auch Hohlräume mit Hinterscheidungen für Hilfs- oder Nebenaggregate wie z. B. ein Wasserpumpengehäuse durch zusätzliche in die bentonitgebundene Form eingebrachte Kerne enthalten sein. Im Bereich des Gusseisens sind beide Gießarten zu finden.
Bei Kurbelgehäusen aus Aluminiumlegierungen dominiert das Kernpaketverfahren. Erhöhter Wasserstoffgehalt in Aluminiumschmelzen ist ursächlich für Gussfehler. Durch Abkühlung der Schmelze heizt sich die Form auf. Der enthaltene Binder wird erwärmt und er emittiert Gas, das durch den Formstoff als porösen Körper an die Grenzfläche Form/Schmelze gelangt. Wenn das Gas das Element Wasserstoff enthält, kann dies über die Grenzfläche in die Schmelze gelangen. Aufgrund der Wasserstoffempfindlichkeit von Aluminiumschmelzen ist eine Anforderung an den Binder, keine wasserstoffhaltigen Gase abzugeben. Bei bentonitgebundenen Formen wird Wasserdampf frei und daher wird sicherheitshalber bei Aluminiumschmelzen das Kernpaketverfahren eingesetzt.
Neben den technischen Anforderungen, wie ausreichender Formfestigkeit und Abriebfestigkeit, drängen Anforderungen des Umweltschutzes zunehmend in den Vordergrund. Gasemissionen sollen in Zusammensetzung, Menge und Geruch umweltverträglicher sein. Meilensteine, die ASK Chemicals gesetzt hat, sind die Entwicklung von hochreaktiven Bindern und anorganischen Bindern.
Aus den oben angeführten Merkmalen Bauform, Hubraum, Zylinderanzahl, Zylinderreihenanzahl, Zylinderreihenwinkel, „Open Deck“ oder „Closed Deck“ folgen wie nachfolgende Beispiele demonstrieren die ersten groben Eckdaten des Gießprozesses. V-Motoren mit 90° Zylinderreihenwinkel erfordern immer das Kernpaketverfahren. Mit einem „Herzkern“ im Kernpaket, der den Zwischenraum der Zylinderreihen abbildet, wird das sonst auftretende Hinterscheidungsproblem gelöst. Im Gegensatz dazu kann ein 6-Zylinder-VR-Motor in Gusseisen liegend ohne Kernpaket gegossen werden, da diese Bauform keinen Hohlraum zwischen den Zylinderreihen hat. Als drittes Beispiel sei die Beziehung Hubraum und Formgröße herausgegriffen: Bei einem LKW-Kurbelgehäuse-12-Liter-Hubraum-V-Motor sind entsprechend große Formkästen und Werkzeuge für die Kernfertigung notwendig. Bei gleichem Formkasten könnten gleichzeitig vier Kurbelgehäuse eines 1,4-Liter-PKW-Motors gegossen werden.
Zu den groben Eckdaten des Gießprozesses gehört die Gießlage. Falls die Zylinderläufe weitgehend parallel zur horizontalen Formteilung sind, dann wird dies als liegende Gießlage bezeichnet. Bilden die Zylinderläufe zur horizontalen Formteilung einen Winkel von 90°, wird von stehender Gießlage gesprochen. Stehende Gießlage ist nur mit Kernpaketverfahren möglich.
Beim Kurbelgehäuse liegt lokal eine komplexe Belastung vor, die für mehrere hunderttausend Kilometer und viele Jahre betriebssicher zu ertragen ist. Diese resultiert aus dem Belastungskollektiv, das sich aus Gaskräften bei Verbrennungstakt, Reaktionskräften bei Arbeitstakt, Biegefällen und Verschraubungsfällen zusammensetzt. Hinzu kommen die inneren Kräfte aus thermischer Expansion, Eigenspannungen, die Gewichtskraft aus der Eigenmasse, die Gewichtskraft angeschraubter Bauteile, wie z.B. Kurbelwelle sowie Zylinderkopf, und die Kräfte aus der Wärmedehnung der Anbauteile, die durch die Verschraubung übertragen werden.
Die höchste Temperaturbelastung liegt meist im Stegbereich der Deckplatte. Aus der Wasser- und Schmiermittelführung folgt die Anforderung der Druckdichtheit, Sauberkeit und Durchlässigkeit der flüssigkeitsführenden Kanäle im Kurbelgehäuse. Aus der Aufgabe der Kolbenführung folgt, dass der Zylinderlauf ein Teil eines Tribologiesystems ist. Dies ist das System Zylinderlauf/Schmierstoff/Kolbenring. Daher soll die Randschicht des Zylinderlaufs tribologisch passende Eigenschaften aufweisen. Ziele sind geringer Reibungsverlust, Verschleiß und Schmiermittelverbrauch.
Aus den Belastungsfällen, den Herstellungsoperationen beim Automobilisten und den Umweltaspekten leiten sich die Anforderungen für den Werkstoff ab:
Es gibt keinen Werkstoff mit 100% Erfüllungsgrad in allen oben genannten Anforderungen. Daher befinden sich Aluminiumlegierungen und Gusseisenlegierungen im Wettbewerb zueinander, der verschärft wird durch immer neue Ansätze der Leichtbauentwicklung.
Beim Kurbelgehäuse stellt das Qualitätsmanagement der Gießerei Datenmaterial zu internen, extern entdeckten, offensichtlichen und verdeckten Gussfehlern zur Verfügung. Allgemein werden unerwünschte Hohlräume und unerwünschte Gestaltabweichungen, die die betriebssichere Funktion des Bauteils verhindern, als Fehler angesehen. Im Fokus beim Sandgussverfahren sind oft die Funktionsgruppen Zylinderlauf, Ölkanal und Wassermantel. Materialeinsparung beim Downsizing und kleiner werdende Motorbauräume haben steigende Anforderungen an die Gießereien zur Folge.
Zur Ursachenanalyse von unerwünschten Hohlräumen werden oft zwei Erklärungen herangezogen, die hier stark vereinfacht zusammengefasst sind. Zum einen der unerwünschte schwindungsbedingte Hohlraum, der Lunker, resultierend aus dem Volumendefizit beim Übergang vom flüssigen zum festen Aggregatzustand eines Metalls. Zum zweiten die bei der Erstarrung eingeschlossene Gasblase als unerwünschter Hohlraum, umschlossen vom Metall. Durch Abkühlung der Schmelze heizt sich die Form auf. Der enthaltene Binder wird erwärmt und er emittiert Gas, das durch den Formstoff als porösen Körper an die Grenzfläche Form/Schmelze gelangt. Ist der Druck der Gase hoch genug, dann können diese in die Schmelze gelangen und zur Gasblase werden. In der Praxis sind viele Übergangsformen zwischen Lunker und Gasblase zu sehen. Einige charakteristische Beispiele sollen dies aufzeigen:
Bei Konstruktion eines Kurbelgehäuses in Richtung kleinerer Zylinderabstände können Probleme im Bereich des Zylinderzwickels auftauchen. Nach der Bearbeitung des Zylinderlaufs werden unerwünschte Hohlräume freigelegt. Bei liegender Gießweise vorwiegend in Höhe der Kernspange des Wassermantels. Vermutlich wirkt die Kernspange in Verbindung mit ungünstiger Schmelzeströmung als Keimhilfe und Hindernis für die Gasblase aus Kerngasen oder Lufteinschlüssen der Formfüllung. Lösung wäre, ein frühzeitiges Konzept zur Lage und zum Typ der Kernspangen schon in der Produktentstehungsphase zu definieren. Die Frage lautet, ob ein Versatz der Kernspange nach unten im Zylinderlauf möglich ist, so dass die Lage des Fehlers unterhalb der kritischen Kolbenlaufzone ist. Weitere Frage wäre, ob es möglich ist, in der Entstehungsphase des Bauteils das Kernpaketverfahren mit stehender Gießlage einzuführen. Bei dieser Gießlage sind keine Kernspangen im Wassermantel notwendig. Weiterer Vorteil des Kernpaketverfahrens ist die gute Rückverfolgbarkeit durch automatisierte Beschriftung des Kerns mit Übertragung auf das Gussteil. Die Prozessüberwachung und die Analyse der Ursachen des Gussfehlers können tiefer und breiter in den Kernfertigungsparametern erfolgen. Beim Kernpaketverfahren im Bereich des Gusseisens ist aber zu prüfen, ob das unkontrollierte Hinterlaufen beherrscht wird.
Typische Gussfehler bei Kanälen sind:
Blattrippen als unerwünschte Gestaltabweichung bei den Ölkanälen können von eingeschränkter, nicht mehr tolerierbarer Durchlässigkeit bis zum Vollverschluss reichen. Beim Downsizing sind immer mehr und komplexer gewundene Ölkanäle der Trend, so dass Prüfbarkeit und auch Nacharbeit durch die Putzerei zunehmend schwerer werden. Geeignete Abstellmaßnahmen sind Veränderung der Korncharakteristik für den Kern, Additive und auch angepasste Schlichten.
Nach der Erstarrung ist der Gießprozess nicht beendet. Der Prozess des Auspackens und der Entkernung sollte nicht unterschätzt werden. Beispielsweise können bei sehr dünnen und tiefen Wassermänteln Öffnungen zur Entfernung des Sandes notwendig werden. Diese werden durch Blechdeckel im weiteren Produktionsschritt nach der mechanischen Bearbeitung verschlossen. Auch sollte schon beim Konzept die Größe der Öffnungen in der Deckplatte hinterfragt werden, um die Entkernbarkeit bei der Konstruktion zu berücksichtigen. Gerade die Entkernbarkeit ist ein wichtiger Entwicklungsbereich im Bindersystem. Dies geht einher mit der Einhaltung der Restschmutzmenge. Als Restschmutzmenge wird der Stoffanteil aus dem vollendeten Urformprozess bezeichnet, der in den Hohlräumen des Metallkörpers nach vollem Prozessdurchlauf vorhanden ist. Beim Motorbetrieb könnten lose Restschmutzpartikel ins Öl gelangen und sehr große Partikel im schlimmsten Fall die Lagerlebensdauer verringern. Sicherheitshalber werden daher 500 mg bei einem 2,0-Liter-PKW-Kurbelgehäuse gefordert. Ein Beitrag von ASK Chemicals sind Schlichten mit verringerter Verbindungsbildung, die gemeinsam mit der jeweiligen Gießerei entwickelt werden.
Wichtig zur Definition von Abstellmaßnahmen ist die Ursachenanalyse. ASK Chemicals hat dazu Simulationssoftware als Werkzeug im eigenen Hause. Zur Ursachenanalyse bei Lunkern steht die Erstarrungssimulation zur Verfügung. Aber was ist bei Gussfehlern durch Gasblasen? Dazu betreibt ASK Chemicals intensive Anstrengungen in Pionierarbeit. Meilenstein ist hier die Einführung einer entsprechenden Simulationssoftware, die eine Orientierung zu Fragen nach der lokalen Gasmengenentstehung und dem lokalen Gasdruck an der Grenzfläche gibt. Weiterhin ist die Entwicklung hin zu hochreaktiven Bindersystemen zu nennen. Durch die hohe Reaktivität wird die benötigte Bindermenge kleiner, so dass es über weniger Bindergehalt auch zu weniger Gasdruck an der Grenzfläche Form/Schmelze kommt. An die Stelle des Zufalls tritt eine Entscheidungshilfe durch die Werkzeuge der Simulation und günstige Bedingungen eines modernen Bindersystems. Schon frühzeitig in der Produktentstehungsphase eingesetzt, können diese dazu beitragen, den Fehler nicht in die späteren Phasen zu verschleppen. Je später der Fehler abgestellt wird, desto mehr wirtschaftlicher Schaden entsteht.