Windkraftguss

Windenergieanlagen werden für eine rechnerische Lebensdauer von 20 Jahren ausgelegt, d.h. die Maschine soll im Idealfall diese 20 Jahre ununterbrochen arbeiten. Der Ermüdungsfestigkeit des Werkstoffs kommt somit eine sehr hohe Bedeutung zu, noch dazu, da hier in der Regel großvolumige, dünnwandige Gussteile benötigt werden, um das Gewicht der Windenergieanlage möglichst gering zu halten.

Großvolumige, dünnwandige Bauteile stellen hohe Anforderungen an die Wandstärkentoleranzen, die Formtreue, die Genauigkeit der Kernpositionierung und somit letztlich an den Form- und Kernformstoff sowie an die Schlichte. An den Flanschverbindungen sind aus Steifigkeitsgründen oft größere Wandstärkensprünge notwendig, hier sind also vom Gießer besondere Vorkehrungen für eine gerichtete Erstarrung zu treffen.

Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die unbearbeiteten Oberflächenbereiche absolut frei von jedweder Materialvertiefung sind, von der eine Kerbwirkung ausgehen kann. Typische Vertreter dieser Art von Fehlstellen sind aus anhaftenden Formstoffresten resultierende Vertiefungen, an der Oberfläche anhaftende Schlackebestandteile, Rillen durch das Modellziehen, Riefen, verursacht durch unsachgemäßen Schlichteauftrag, Metallschlacke und ähnliches. Der Beseitigung oder besser der Vermeidung von Metallschlacke ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da der E-Modul des Werkstoffes dadurch um bis zu 50% geschwächt werden kann.

Grundsätzlich gilt bei derartigen Erscheinungen, dass die von ihnen ausgehende Kerbwirkung beseitigt werden muss. Dies geschieht in der Regel durch Ausschleifen bei Einhaltung der geforderten Mindestwanddicken.

Das Erschmelzen des Flüssigmaterials, bestehend aus Spezialroheisen, ausgewähltem Stahlschrott und Anteilen gereinigten Kreislaufmaterials, sollte in leistungsfähigen Mittelfrequenz-Induktionsöfen erfolgen. Nur durch die ständige Überwachung aller Prozessschritte während des Schmelzens und spezieller Impfbehandlung der Charge bei Sicherung der Qualitätsanforderungen aller Einsatzmaterialien ist eine optimale Einstellung der erforderlichen metallurgischen Parameter für das Abgießen möglich. Es folgen das Abschlacken der Schmelze nach der Magnesiumbehandlung und weitere Prozessschritte wie Probennahme und Primärimpfung. Beim Abguss wird eine Sekundärimpfung, meistens im Eingussbassin, durchgeführt.

Bei der rechnerischen Auslegung der Gussteile wird unter Einbeziehung eines Sicherheitsfaktors von einer zuverlässigen Gussgüte/Homogenität des Werkstoffs ausgegangen. Die Erfüllung dieser geplanten Gütestufe muss durch den Gießer in allen Phasen der Gussherstellung von der Planung (Formfüllungs- und Erstarrungssimulation) über die Fertigung (Nachweis der Prozesssicherheit) bis hin zur Warenausgangsprüfung (Ultraschallprüfung, Röntgenprüfung, Gefügeuntersuchung usw.) nachgewiesen werden. Bei jedem Gussteil müssen die mechanischen Eigenschaften durch Zugversuch und Kerbschlagversuch an Proben aus angegossenen Probekörpern ermittelt werden.

Lösungen für den Windkraftguss

ASK Chemicals entwickelt speziell Großgussteile für Windkraftanlagen im Verbund mit ihren Partnern Systemlösungen, die sich u.a. mit den speziellen Anforderungen an Bindersysteme wie hohe Maßhaltigkeit, hohe Temperaturstabilität sowie mit schwefelarmen Furanharzsystemen befassen. Maßgeschneiderte Produkte, um die Reinheitsanforderungen an die Schmelzen für diese speziellen Anwendungen zu gewährleisten, stehen ebenso im Fokus wie spezielle Drahtbehandlungen und Impfmittel und -methoden.

Der Einsatz des ferritischen Werkstoffes EN-GJS-400-18U-LT bei diesen Gusskomponenten erfolgte vor allem wegen der hohen Duktilität, d.h. der Fähigkeit, Überlastungen durch plastische Verformung abzubauen und schlagartige Belastungen ohne Bruch kompensieren zu können. Der Werkstoff bewährt sich zudem ausgezeichnet beim Einsatz unter niedrigen oder stark schwankenden Temperaturen durch die gewährleistete Kerbschlagarbeit von 12 Joule bei -20 °C. Die Bruchdehnung liegt bei 18%. Die geforderte Gussqualität wird über die Nutzung der Methoden des Simultaneous Engineering erreicht, beginnend mit der Formfüllungs- über die Erstarrungs- bis hin zur Gefügeausbildungssimulation.

Die Konstruktionen von Windkraftanlagen mit bis zu 5 MW Leistung benötigen Gussstücke aus Gusseisen mit Kugelgraphit (EN-GJS-400-18U-LT) und einem Gewicht von bis zu 50 Tonnen. Sie bringen neue Dimensionen in Abmessung, Formstoffbedarf, Metallurgie, speziell der Magnesiumbehandlung und Impftechnik, bis hin zu den bewegten Massen mit sich. Damit sind Zulieferer für Gießereien, die für die Windkraftbranche arbeiten, gefordert, sich diesem Entwicklungstrend zu stellen und sich entsprechend mit Know-how, gesicherten Materialeigenschaften ihrer Produkte, Ausrüstungen und ihren Kapazitäten anzupassen.

Die Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und Gießereifachmann vor Ort bringt außerordentliche Synergieeffekte. Zur gieß- und produktionstechnischen Optimierung sowie zur notwendigen Weiterentwicklung der ASK Chemicals Produkte findet der Informationsaustausch auf kurzem Wege statt. Mit Hilfe von numerischen Simulationsverfahren für das Formfüllen und das Erstarren werden Probleme gelöst, die z.B. speisungstechnisch schwer beherrschbar wären. Es finden Untersuchungen statt, wie durch gießtechnische Veränderungen die Funktionalität der Bauteile weiter optimiert werden kann. In einem frühen Stadium werden so konstruktive Schwachstellen oder Überdimensionierungen aufgezeigt, ohne dass das Gussteil gefertigt werden muss. Dabei wird das Know-how der ASK Chemicals in Bezug auf ihre Produkte mit dem umfassenden Wissen des Gießers hinsichtlich Formstoff, Werkstoff und Metallurgie optimal ergänzt.