Zylinderkopfguss

Der Zylinderkopf eines Motors bestimmt wie kaum eine andere Baugruppe des Motors die Eigenschaften im Hinblick auf das Betriebsverhalten, z.B. Leistungsausbeute, Drehmoment- und Abgasemissionsverhalten, Kraftstoffverbrauch und Akustik. Er beinhaltet die wesentlichen Elemente zur mechanischen Steuerung des Gaswechsels bzw. der Verbrennung. Der Ventilsteuerung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Schon früh sollte das verwendete Gießverfahren für den Zylinderkopf festgelegt werden. Es empfiehlt sich, hier das Know-how von Gießerei und Modellbau bei der Grundauslegung des Zylinderkopfes zu berücksichtigen. Nicht mit allen Gießverfahren lassen sich die gewünschten Geometrien umsetzen. Vor allem die Form und Lage der Ein- und Auslasskanäle sowie die Form des Brennraumes bestimmen die Gesamtgeometrie des Zylinderkopfes. Des Weiteren haben Zylinderbohrung sowie -abstand einen großen Einfluss auf die Grundgeometrie.

Da es bei der Kraftstoffverbrennung zu hohen Temperaturen – auch im Zylinderkopf – kommt, ist ein entsprechendes Kühlkonzept von großer Bedeutung. Das Kühlmedium wird in der Regel über die Zylinderkopfdichtung vom Kurbelgehäuse über mehrere Öffnungen in die Unterseite des Zylinderkopfes gefördert. Durch entsprechende Simulationsmodelle wird hier ein Optimum aus sämtlichen möglichen Kühlarten (z.B. Querstromkühlung, Längsstromkühlung oder Kombination) ermittelt und eventuelle Problemzonen werden früh erkannt.

Die oftmals sehr filigranen Kanäle für die Wasserkühlung und die Ölversorgung stellen heute für den Gießer in der Zylinderkopffertigung die größte Herausforderung dar, da auch geringfügige Änderungen im Prozess zu Nacharbeit oder Ausschuss des Bauteils führen können.

Die Gießverfahren

Zylinderköpfe für Verbrennungsmotoren stellen hohe Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe über 150 °C. Insbesondere bei den neu entwickelten Zylinderköpfen für Dieselmotoren mit Direkteinspritzung haben sowohl die Komplexität der Form als auch die Höhe der im Betrieb auftretenden Spannungen erheblich zugenommen.
Je nach Anforderungsprofil der Motoren und verwendetem Gießverfahren werden unterschiedliche Werkstoffe für die Zylinderkopffertigung eingesetzt. Für Großmotoren und Nutzfahrzeuge kommen neben Aluminium auch Gusseisen-Werkstoffe in Frage. Im Bereich der PKW-Motoren wird heute bis auf wenige Ausnahmen fast ausschließlich Aluminium als Werkstoff eingesetzt. Bei Zünddrücken → 150 bar bedarf es bestimmter Legierungen, die hinsichtlich höchsten Ansprüchen genügen müssen:

  • Hoher Zugfestigkeit und hoher Kriechbeständigkeit bei Temperaturen zwischen RT und 250 °C
  • Hoher Wärmeleitfähigkeit
  • Niedriger Porosität
  • Hoher Duktilität und Elastizität bei hoher Thermoschockbeständigkeit
  • Guter Gießeigenschaften bei geringer Warmrissanfälligkeit

Um hier ein Optimum zwischen den verschiedenen Zielparametern zu finden, werden bereits in der Planungsphase eines neuen Bauteils intensiv Simulationstools z.B. für Formfüllungs- und Erstarrungsverhalten beim Gießprozess genutzt.

Folgende Gießverfahren finden heute eine weite Verbreitung:

  • Sandguss
  • Kokillenguss
  • Lost-Foam-Verfahren
  • Druckgussverfahren

Im Sandguss wird sowohl die Form als auch der Kern auf Basis von Quarz- oder Spezialsanden hergestellt. In der Regel basiert die Form auf bentonitgebundenen Bindern, die Kerne basieren hingegen auf chemischen Bindern.

Im Kernpaketverfahren lassen sich komplizierte Bauteilgeometrien – auch mit Hinterschnitten – problemlos mit Hilfe von chemisch gebundenen Formstoffen darstellen. Ein weiterer Vorteil der Verfahren ist, dass selbst bei geringen Stückzahlen eine kostengünstige Fertigung möglich ist und Änderungen relativ schnell umzusetzen sind.

Das Kernpaketverfahren, bei dem alle Bauteilkonturen durch Sandkerne abgebildet werden, hat den Vorteil, dass die Gussteile in der Regel vom Gießen bis zur Erstarrung eine Temperatur von 500 °C nicht unterschreiten. Hierdurch stellt sich weitestgehend ein spannungsarmer Guss ein, mit dem Resultat einer hohen Maßgenauigkeit.

Bei der Fertigung von Prototypen und Kleinserien empfiehlt sich das Niederdruck-Sandguss-Verfahren. Die Schmelze gelangt über ein Steigrohr in die Form und wird mit ca. 0,1 – 0,5 bar Druck beaufschlagt. Da der Druck auch während der Erstarrung aufrechterhalten wird, ergibt sich eine sehr hochwertige Gefügestruktur.

Ca. 90% aller Zylinderköpfe in Europa werden im Kokillenguss hergestellt. Die Dauerformen aus Grauguss oder Warmarbeitsstählen werden zur Herstellung von Leichtmetalllegierungen verwendet. Wie beim Sandguss werden die Kerne in die Gießform eingelegt. Im Kokillenguss wird zwischen Schwerkraft- und Niederdruckguss unterschieden.

Beim Lost-Foam-Verfahren handelt es sich prinzipiell um eine Sonderform des Sandgusses. Die verschiedenen Schichten des Zylinderkopfes werden aus Polystyrol-Material geschäumt und anschließend zusammengeklebt. Zwei Zylinderkopfmodelle werden bei diesem Verfahren mit dem Anguss und den Steigern zu einer so genannten Gießtraube zusammengefügt. Diese Modelltraube wird dann mehrmals in keramische Schlichten getaucht und durch Luftströmung getrocknet. Der Abguss der Gießtraube erfolgt, nachdem diese in einen Gießbehälter eingebracht und mit losem Sand umgeben wurde. Bei der Formfüllung weicht das Polystyrol zurück und vergast. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Bohrungen bis 4 mm Wandstärke mitgegossen werden. Weiterhin lassen sich z.B. Ölkanäle in beliebiger Form realisieren sowie deutlich genauere Toleranzen im Brennraum erreichen, und der notwendige Bearbeitungsaufwand wird auf ein Minimum reduziert.

Beim Druckgussverfahren werden Dauerformen aus vergütetem Warmarbeitsstahl verwendet. Vor jedem „Schieß“-Vorgang müssen die Formen mit Trennmittel behandelt werden.

Perspektiven der Zylinderkopftechnik

Die Weiterentwicklung der Zylinderkopftechnik wird in Richtung Leichtbau, hochfestere Werkstoffe und wirtschaftlichere Fertigungsverfahren gehen. Mit Hilfe der Mehrventiltechnik, auch an den Dieselmotoren, werden sich weiterhin optimierte Gaswechsel und höhere spezifische Zylinderleistungen realisieren lassen. Auch die verbrauchs- und emissionsgünstigen Eigenschaften der Motoren werden ständig weiterentwickelt. Für die Konstrukteure bedeutet es eine große Herausforderung, sich ständig neuen Anforderungen zu stellen.

Lösungen für den Zylinderkopfguss

Neben der exakten Geometrie des Bauteils muss im Vorfeld schon auf das hierfür in Frage kommende Gieß- und Formverfahren geachtet werden, um später auch unter Serienbedingungen ein optimales Gussteil zu erhalten. In der Vorserie werden neben den diversen Änderungen an der Konstruktion bereits erste Erfahrungen in Bezug auf zukünftige Bauteileigenschaften, Ausschuss und Nacharbeit gesammelt. Es ist äußerst wichtig, spätestens bis zum Produktionsstart der Serie auch den Ausschuss und letzten Endes alle die Ausbringung begrenzenden Faktoren im Griff zu haben. Erst so lässt sich eine hohe Produktivität bei parallel geringen Kosten realisieren, um den abgegebenen Preis für das Bauteil auch einhalten zu können.

Wie zuvor bereits eingehend geschildert, ist der Zylinderkopf das Bauteil schlechthin, das die Eigenschaften des Motors maßgeblich bestimmt. Downsizing sorgt dafür, dass das Gewicht des Zylinderkopfes – sowohl im Eisen- als auch im Aluminiumguss – immer geringer wird. Gleichzeitig erhöhen sich die Anforderungen an das Bauteil immer mehr. Diesem Zielkonflikt kann zu Beginn der Neuentwicklung nur eine enge Zusammenarbeit von Modellbauer, Gießer und Konstruktion entgegenwirken.

Um die Zuverlässigkeit des Bauteils über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges zu gewährleisten, gewinnen auch die eingesetzten Edukte in dem Prozess immer mehr an Bedeutung. Software zur Simulation des Formfüllvorgangs und auch der Erstarrung gehört heute zum Stand der Technik. Das Schmelzen und die Schmelzbehandlung des Gießmetalls erfordern neben klar definierten Prozessen sauberste Einsatzstoffe und Behandlungsmittel.

Bei der Form- und insbesondere bei der Kernherstellung ist darauf zu achten, dass die verwendeten Formgrundstoffe und Bindemittel vor allem eine gute Maßhaltigkeit der Kerne oder Kernpakete garantieren. Im Eisenguss kommen unter Umständen noch Additive und feuerfeste Schlichten zum Einsatz. Die Tatsache, dass ganz besonders bei den Wassermantel- und auch den Ölkanalkernen die Wandstärken der Kerne bis auf 4 mm reduziert wurden, erfordert seitens der Kernsandbinder eine absolute Garantie hoher Sofortfestigkeiten, damit das Kernhandling ohne Kernbruch gewährleistet ist.

Beim Gieß- und Erstarrungsprozess muss der verwendete Binder eine hohe Heißfestigkeit besitzen, um auch in diesem höchst kritischen Zustand bei den filigranen Kernen die Gefahr von Kernbruch und mangelnder Maßstabilität auszuschließen. Gleichzeitig soll der Binder jedoch beim Entkernungsprozess einen optimalen Kernzerfall ermöglichen. Diese Gratwanderung wird beim Abguss von Aluminiumlegierungen besonders deutlich. Blasenfehler und Mikroporosität im Bauteil sorgen für Undichtigkeit und führen meistens zum Ausschuss. Um diese Gefahr möglichst gering zu halten, muss in eine möglichst ruhige Formfüllung investiert werden, wobei es auch gilt, die Kerngasabfuhr zu berücksichtigen und angemessen zu realisieren. Insgesamt muss das Bindemittel so konzipiert sein, dass der Ausstoß von Gas und Emissionen auf ein Minimum beschränkt ist. Der Gasstoß des Bindemittels beim Abguss muss auf das Gießmetall und das Erstarrungsintervall abgestimmt sein. Das Gleiche gilt für die Additive. Werden Schlichten verwendet, muss auch hier die Gaslässigkeit des Produktes für den Prozess geeignet sein.

Im Eisenguss kann es darüber hinaus dann zu Schülpen kommen. Sandausdehnungsverhalten der Formgrundstoffe, Gasstoßverhalte der Binder, Gasdurchlässigkeit der Schlichte und Festigkeitsniveau der Formstoffmischung haben hier einen großen Einfluss, können aber Fehler beim Formfüllvorgang und eine entsprechende Aufheizung der Formpartie nur bedingt ausgleichen. Eine große Herausforderung im Eisenguss besteht in der Verhinderung von Vererzung und/oder Penetration sowie Blattrippenbildung. Vererzung und Penetration lassen sich primär durch die richtige Auswahl der Schlichte verhindern, die sowohl auf den Formstoff als auch das Gießmetall abgestimmt werden muss, um ungünstigen chemischen Reaktionen vorzubeugen.

Blattrippen, vor allem in Wassermantel- und Ölkanalkernen, sind in der Eisengießer-Praxis ein Dauerthema. Abhilfe- und Vorbeugemaßnahmen gegen diese Fehlererscheinung sind in den allermeisten Fällen durch die Auswahl eines geeigneten Formgrundstoffs oder durch den gezielten Einsatz von Sandadditiven gegeben. Raue Oberflächen in den Ein- und Auslasskanälen lassen sich durch die Korngrößenverteilung des eingesetzten Formstoffes oder durch eine Schlichte verhindern, die die Porenzwischenräume der Sandkörner verschließt.

Neben dem rein technischen Problemlösen müssen die verwendeten Einsatzstoffe möglichst umweltfreundlich sein. Die Mitarbeiter, die Anwohner der Gießerei sowie auch die Behörden haben heute ein starkes Interesse, dass schädliche Emissionen, Geruch, Qualm und Kondensat auf ein Minimum reduziert bleiben und während des Produktionsablaufes den Anforderungen des Arbeitsschutzes genügen.